Für viele wird ein lang gehegter Traum wahr

© Rhein-Neckar Zeitung | Sinsheimer Nachrichten | KRAICHGAU Freitag, 18. Oktober 2019

So soll das neue Wohnheim der Lebenshilfe, das in der Straße „Am Ilvesbach“ entsteht, einmal aussehen. Mitte 2021 soll es fertig sein. Visualisierung: Architekturbüro O2R

Die Lebenshilfe baut ein Wohnheim mit 29 Zimmern für Menschen mit Behinderung – Auch Kurzzeitpflege vorgesehen

Von Christian Beck Sinsheim.

Es war für alle Beteiligten ein Tag der Freude. Dass der Weg dorthin so
lange dauern würde, hätte am 24. Juni 2002 aber niemand gedacht. Denn damals hatte Dieter Lang, damaliger Geschäftsführer der Lebenshilfe, einen Brief an den Landeswohlfahrtsverband geschickt. 24 weitere Wohnheimplätze für Menschen mit geistiger und Mehrfachbehinderung würden in Sinsheim gebraucht, hieß es in dem Brief. Nun, über 17 Jahre später, wurde der Startschuss für das neueWohnheimderLebenshilfeinder
Straße „Am Ilvesbach“ mit dem Spatenstich gefeiert.

Neben den offiziellen Vertretern des Projekts waren auch viele Menschen mit Behinderung sowie deren Eltern gekommen. Sie alle hoffen auf
einen Wohnheimplatz.
Zu ihnen gehören auch Heide und Hans Baumann aus Hoffenheim. Beide sind 82 Jahre alt und haben dementsprechend mit manchen Beschwerden zu kämpfen. Doch sie kümmern sich nach wie vor um ihren Sohn Stefan. Seit langer Zeit haben sie gehofft, dass er in Sinsheim einen Wohn-
heimplatz bekommt – schließlich wissen sie nicht, wie lange sie noch für ihren Sohn da sein können. Dass nun das neue Wohnheim gebaut werde, sei „rundum eine Freude“, sagt Hans Baumann. „Man hat den Eltern eine Last von den Schultern genommen“, betonte auch die Sozialdezernentin des Rhein-Neckar-Kreises, Stefanie Jansen.

29 Einzelzimmer in vier Wohngruppen sollen in dem zweigeschossigen Bau
bis Mitte 2021 entstehen. Zudem werden zwölf Plätze für die Tagespflege einge richtet, erklärte Franz Oszter vom zuständigen Architekturbüro O2R. Das künftige Gebäude liegt sehr zentral, so könnten Menschen mit Behinderung stärker in der Stadt wahrgenommen werden, stellt Lebenshilfe-Geschäftsführer Roland Bauer erfreut fest. Zudem sind die
alla hopp!-Anlage und das Wiesental nicht weit entfernt, spontanen Spaziergängen der Bewohner stehe somit nichts im Wege.
Dass die Lebenshilfe neben dem Wohnmobilstellplatz und dem UP1-Ge-
bäude überhaupt ein Wohnheim errichten kann, ist einem mehrfachen Grundstückstausch zu verdanken, bei dem Lothar Bauer, Geschäftsführer von Urbane Projekte, und die Stadtverwaltung eine große Rolle gespielt haben. Angestoßen hat den Ringtausch Oberbürgermeister Jörg Albrecht.

Er lobte die gute Zusammenarbeit, bei der man unkomplizierte und pragmatische Lösungen gesucht und schließlich gefunden habe. Um das Projekt mache er sich nicht die geringsten Sorgen, da alle Partner „mehr als verlässlich“ seien.

Doch warum sind nun von der ersten Idee bis zum Spatenstich 17 Jahre ins
Land gezogen? Laut Roland Bauer fand sich lange kein Grundstück. Als die Lebenshilfe eines erworben hatte, wurde dafür die Landesförderung abgelehnt. Man suchte weiter und fand Jahre später jenes Grundstück, auf dem nun gebaut wird. Allerdings gibt es auch hier keine Landesförderung. Doch die Lebenshilfe wollte nicht länger warten und baut nun auf eigene Kosten. „Wir sind froh, dass hier der Kreis zugestimmt hat“, erklärte
Ellen Barg, Vorsitzende des Verwaltungsrats der Lebenshilfe. Rund 5,7 Mil-
lionen Euro müssen investiert werden, zwei Millionen hat die Lebenshilfe angespart. „Wir hoffen auf regionale Sponsoren“, sagt Roland Bauer.
59 Interessenten für das neue Wohnheim gibt es – die Nachfrage übersteigt
das Angebot also deutlich. Es müsse ausgewählt werden, wer den Platz besonders dringend braucht, erklärt Roland Bauer.

Die Lebenshilfe biete auch kleine Wohngemeinschaften in der Stadt an. Diese sollen im Rahmen der Inklusion auch ausgebaut werden. „Aber die meisten Menschen mit Behinderung möchten im Wohnheim leben“, betont Roland Bauer. Zum Spatenstich für das neue Wohnheim waren viele Interessierte gekommen, darunter auch jene, die dort einziehen möchten.

Foto: Christian Beck